PRESSEMITTEILUNG (24.11.2009)
Die Besetzer_innen des Audimax an der Uni Hamburg weisen Äußerungen Margret Wintermantels zurück und laden den redseligen Kandidaten Dieter Lenzen ins Audimax ein
Die derzeitige Präsidentin der Hochschulrektoren-Konferenz (HRK) Margret Wintermantel hat am heutigen Dienstag DeutschlandRadio Kultur ein Interview gegeben, das sie als ernsthafte Diskussionspartnerin vollständig disqualifiziert.
Frau Wintermantel wirft den Studierenden unter anderem Ungeduld vor („Es bewegt sich schon etwas, aber die Studierenden sind furchtbar ungeduldig.“). Das ist eine zurückzuweisende Meinung, denn nach Jahren des erlittenen Bachelor-Master-Stress, formierte sich im Sommer 2009 eine breite Protestbewegung, die schon damals mit Verständnis von allen Seiten zugeschüttet wurde. Doch passiert ist seitdem Nichts. Und auch schon vor dem Bildungsstreik zeigten unzählige empirische Studien die Unstudierbarkeit der Bachelor auf (erhöhte Abbruchquoten, massiv auftretende Burn-Out-Syndrome etc.). Warme Worte ohne danach konsequent zu handeln nehmen keinen Prüfungsdruck, helfen nicht dabei, den überfrachteten Stundenplan zu verkleinern, sichern einem keinen Master-Studienplatz und geben einem nicht mehr Wahlfreiheit. Nicht Ungeduld, sondern die langsam zu Ende gehende Geduld der Studierenden mit den Entscheidungsträger_innen kennzeichnen die derzeitigen Proteste. Denn: Auf die Schulter klopfen können wir uns selber.
Weitaus skandalöser ist die Einschätzung Wintermantels, dass der Vorwurf der Entdemokratisierung an den Unis „barer Unfug“ sei. Wir Hamburger Studierenden möchten Frau Wintermantel fragen: Ist es barer Unfug, dass unter Wissenschaftssenator Jörg Dräger die universitäre Mitbestimmung in Gremien vielfach eingestampft wurde? Ist es barer Unfug, dass an vielen Hochschulen ein Hochschulrat ohne jegliche demokratische Legitimation existiert, der die „Strategische Steuerung“ der Hochschulen zur Aufgabe hat? Ist es barer Unfug, dass das aktuelle Verfahren zur Uni-Präsidenten-Findung in Hamburg intransparent und nicht-öffentlich ist und es noch nicht mal eine wirkliche Wahl war (u.a. weil es keine Auswahl gab)? Ist die Erprobungsklausel im Berliner Hochschulgesetz, die dort dem FU-Präsidium unter Dieter Lenzen erlaubte Entscheidungsprozesse über den Akademischen Senat hinweg durchzuziehen „barer Unfug“ ?
Wir hoffen, dass mit diesen Fragen klar wird, dass Frau Wintermantel in keinster Weise die Realitäten an deutschen Hochschulen wahrnimmt. Das liegt daran, dass Frau Wintermantel und die HRK diese Strukturen selbst (mit-)erschaffen bzw. eingefordert haben. Denn die HRK ist nicht die Stimme der Universitäten, sondern eine Lobbyorganisation der Uni-Leitungen. Seit Jahren arbeitet diese Organisation mit der Bertelsmann Stiftung im Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) zusammen. Die Ziele: Die Akzeptanz der Studiengebühren erhöhen; Hochschulen zu Unternehmen umtransformieren (inklusiver mächtiger Führungsebenen) sowie den Wettbewerb zwischen Unis anheizen. Kein Wunder also, dass sich Frau Wintermantel nur das aus den Forderungen der Studierenden rauspickt, was ihr und ihrer Organisation nicht schadet. Die Forderungen der Studierenden sind aber kein IKEA-Katalog, aus dem man sich das angenehmste aussucht: eine radikale BA-MA-Reform beispielsweise ist nicht zu trennen von der Notwendigkeit nach Gebührenfreiheit sowie den Forderungen nach demokratischen Strukturen!
Zuletzt noch einige Anmerkungen zu Dieter Lenzen. Jener Kandidat (wir halten ihn nicht für den Präsidenten) gibt derzeit in jedes Mikrophon, was man ihm vor die Nase hält, ein Interview. Das soll seine Akzeptanz in der Öffentlichkeit sowie an der Uni erhöhen. Wenn Herr Lenzen so gerne redet, dann wird er doch auch gerne mal öffentlich an der Uni über seine Ideen sprechen können und sich der Diskussion mit den Studierenden stellen. Wir laden Dieter Lenzen deswegen hiermit ins besetzte Audimax ein und sind sicher, dass wir die besseren Argumente auf unserer Seite haben.
Dienstag, 24. November 2009
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